Protokollanten: Patrizia Barba, Christina Eeltink, Denis Nasser

Nach der Verlesung des Protokolls und wurde kurz auf den Unterschied zwischen Mise-en-Abyme und der Vierten Wand eingegangen. Unter Vierte Wand versteht man eine ursprünglich aus dem Theater stammende Form der Inszenierung, bei der so agiert wird, als sei kein Publikum vorhanden. Bei der Mise-en-Abyme hingegen wird versucht den Zuschauer in das Geschehen hinein zu versetzen. Das Ergebnis, des gegenseitigen Durchdringens der Räume, ist im Prinzip beidem gleich.

Referat: „Jean Rouch - Filmemacher und Ethnologe“

Vor Beginn des Referates betonte Herr Höltgen, dass dieses Referat gut zum Thema des Cinema Verité passt, welches bereits zu Beginn des Seminars behandelt wurde. Zudem erwähnte er, dass Jean Rouch die Filmsprache des Dokumentarfilms ent-scheidend geprägt habe.

Zu Rouch selbst erfuhren wir, dass er viele seiner Filme im Niger, vor allem bei den Songhay drehte. Wesentlich für seine Arbeitsweise war unter anderem die Verwendung von Handkameras. Die drei wesentlichen Ideen, die er verfolgte waren die Idee von der Verwandlung der Ethnologie durch den Film/Geteilte Ethnologie (anthropologie partagée; ethno-fiction), die Idee von der Provokation der Wahrheit (cinéma verité; cinéma direct) und die Idee von der Verwandlung der Person (ciné-transe). Anschließend stellte uns die Referentin seinen bekanntesten Film LES MAÎTRES FOUS vor.

Diskussion über den am Vorabend gesichteten Film ANGST

Nach Beendigung des Referats wurden zunächst Eindrücke beim Screening gesammelt. So wurde zum Beispiel erwähnt, dass sich eine gewisse Enttäuschung beim Sehen einstelle, da der Film den Zuschauer durch den Off-Kommentar versuche zu korrumpieren. Daraufhin folgte der Einwand, dass doch auch der Protagonist von den Geschehnissen enttäuscht sei.

Die Kamera, die zunächst sehr nah am Protagonisten bleibt, entfernt sich im Laufe des Films vom Protagonisten. Die nahe Kamera wirkt dabei durch ihre Bewegungen sehr verstörend. Die Kamerabewegungen kamen durch ein aufwendiges Verfahren, ahnlich der Steady-Cam, zustande, bei dem die Kamera auf einer kreisrunden Schiene, die mittels Korsett am Protagonisten befestigt wurde. Die Kamera war dabei frei beweglich. Somit blieb das Gesicht, auf das die Kamera gerichtet war, immer im Bildzentrum, während der Hintergrund stark verwackelte. Die Entwicklung des Systems war so teuer, dass Kargl sich durch den Film immens verschuldete.

Im Anschluss wurde die Frage nach der zeitlichen Perspektive des Off-Kommentars gestellt. Die Erzählerinstanz befindet sich räumlich zwischen der Diegese und dem Zuschauerraum. Sie springt zwischen Präsens und Präteritum hin und her. Man spricht hier von Acousmêtre. Der Kommentar bietet eine motivische Verknüpfung zwischen Biographie des Protagonisten und des Geschehens. Der Erzähler versetzt den Zuschauer somit stets in eine Erwartungshaltung. Diese wird durch den Kommentar ebenfalls auf den Protagonisten projiziert. Durch die Erzählerinstanz erfahren wir, dass Angst eine zentrale Rolle für den Protagonisten spielt. Er möchte jedoch nicht nur die Angst bei anderen Leuten sehen, sondern auch selbst Angst fühlen.

Zu Beginn des Films erzählt uns der Off-Kommentar, dass der Protagonist den Psychologen während seiner Inhaftierung stets von Blumen erzählt habe, eigentlich jedoch immer an neue Taten dachte. Hier wird unzuverlässiges Erzählen thematisiert, was jedoch im Plenum nicht weiter vertieft wurde.

Interessant ist auch, dass der Kommentar aus der ersten Person die subjektive Wahrnehmung erläutert, der Sprecher aber als Objekt immer im Bild zu sehen ist. Dabei fällt auch auf, dass die Räume eher karg ausgestattet sind und praktisch nur das, was der Off-Kommentar thematisiert in der Mise-en-Scene zu finden ist. Dies ist so bemerkenswert, da es sich eigentlich um ein bewohntes Haus handelt. Hinzu kommt, dass auch die übrigen Figuren teils stark überzeichnet wirken.

Monty Pythons SALAD DAYS und STAPLERFAHRER KLAUS

Gegen Ende der Sitzung diskutierten wir über das Phänomen, dass Groteskes oftmals ins Lächerliche gezogen wird und warum das so ist. Um dieser Frage näher zu kommen, schauten wir uns einen Ausschnitt von Monty Pythons SALAD DAYS aus dem Jahr 1971 an. In dieser Sendung wird der Splatter ins Lächerliche gezogen. Die Gründe dafür wurden anschließend von Herrn Höltgen und den Studenten erarbeitet und besprochen. Zum einen liegt dies an der zum Opfer gefallenen „Upper Class“. Auch die Illustration, die fast schon ins karnevaleske fällt wurde genannt. Zudem wird die Szenerie durch die darstellende Visualisierung der Körperfunktion und durch das eingespielte Lachen unterstrichen.

Abschließend schauten wir einen weiteren filmischen Ausschnitt des sarkastischen Films STAPLERFAHRER KLAUS. In diesem wird der erste Arbeitstag für den frisch gebackenen Gabelstaplerfahrer Klaus im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Horrortrip. Im Anschluss daran betonte Herr Höltgen, dass sich in diesen Sequenzen die Kamera dem Körper so sehr nähert, dass sie ihn durchbricht und durch ihn hindurchgeht. Als Grund dafür, warum sich Menschen solche Filme, ebenso wie viele andere Splatterfilme immer wieder gerne anschauen gehen, nannte er die Distanz zur Realität. In ihnen kann man das sehen und erfahren, was es in der Realität nicht zu sehen gibt. Dieses Element verbindet alle Splatterfilme.