Protokollanten: Kathrin Kästle, Johanna Krumm, Marco Montinaro

Zu Beginn der Stunde wurde das Protokoll der vergangenen Stunde verlesen, zu dem Herr Höltgen anmerkte, dass der Begriff der Postmoderne falsch verwendet worden sei. Dieser sei bereits um 1870 das erste Mal aufgetaucht und dürfe nicht mit dem Begriff des Poststrukturalismus gleichgesetzt werden. Es wurde deutlich gemacht, dass die Postmoderne keine Epoche, sondern (in der Kunst) eine ästhetische Stiltradition sei, die mit gewissen Regeln der Moderne breche.

Anschließend folgte ein Referat zu dem Thema Fotografie und Film, das sowohl auf Bazins Aufsatz „Ontologie des fotografischen Bildes“ als auch auf Binzceks Aufsatz „Zwischen akustischen und visuellen Spuren“ basierte.

Danach wurde die Frage diskutiert, ob sich bestimmte Aspekte des Bildes auch auf die Tonspur übertragen lassen, inwiefern es also eine “Ontologie der Tonspur” gebe. Dazu wurde festgestellt, dass der Film zwar aus einzelnen Bilder bestehe und deshalb rein technisch gesehen ein fotografisches Medium darstelle, es darin aber keine Einzeltöne gebe. In dem Film “La Jetée” werden Standbilder gezeigt, während das Fließen im Ton stattfindet. Allerdings kann es auch Fotografien mit Ton geben, wie beispielsweise beim Diavortrag. Es wird also ein Zusammenhang zwischen Fotografie und Ton hergestellt.

Darauf stellte Herr Höltgen fest, dass auch Töne zum Einzelphänomen gemacht werden können, indem sie in eine visuelle Darstellung übersetzt wie es auch in der Bearbeitung von digitalisierten Tönen geschieht. Im Radio werden dadurch Stimmen angepasst, um einen besseren Klang zu erzielen. Der Digitalton als Zahlenwert ist also durchaus ein diskreter Einzelton, ein Tonpunkt, genau wie beim Foto der Bildpunkt.

Anschließend wurde Bazins Unterscheidung zwischen Subjektivität und Objektivität diskutiert. Es wurde angemerkt, dass das Foto nicht nur durch Nachbearbeitung beeinflusst werden kann, sondern schon beim Akt des Fotografierens wie beispielsweise durch bestimmte Kameraeinstellungen (Belichtungszeit). Dabei spielen die beiden Parameter des Fotografierens, Licht und Zeit, eine Rolle.

Bazin zufolge bezieht sich die Objektivität nur darauf, dass der Fotograf keinen Einfluss auf die Existenz seines Objekts gehabt habe. Darüber hinaus wird das Fotografieren als ein kommunikativer Akt zwischen Fotograf und Betrachter gesehen, da man verschiedene Fotos vom gleichen Objekt machen und diese unterschiedlich betrachten kann. Die Fotografie stellt also ein kommunikatives Medium dar, deren Bearbeitung schon immer möglich war.

Im Anschluss wurden die Filme “La Jetée” und “Sans Soleil” besprochen. Formal fallen bei ersterem v. a. die verschiedenen Arten von Ausschnitthaftigkeit, sowie der Kontrast zwischen der Standhaftigkeit der Bilder und der weiterlaufenden Tonspur auf. Eine Ausnahme bildet jedoch der Moment, in welchem die Frau zwinkert, da hier fließende Bewegung ins Spiel kommt. Weitestgehend wird die spezielle Ästhetik des Films eingefroren, dennoch handelt es sich nicht um Fotografie. Nach wie vor herrscht eine filmische Sprachweise vor, es gibt Perspektivwechsel und Montagen (Bsp. Schuss-Gegenschuss). Formalästhetisch bleibt der Film ein Film. Dies zeugt also von der Unmöglichkeit, den Film ins Fotografische zurückzuführen.

Der Ton, die gesprochene Sprache, referiert was wir im Film sehen und stellt eine Kohärenz für die Einzelbilder dar. Diese Sprache ist notwendig, da Bilder ein abstraktes Medium sind und man Paratexte wie Bildunterschriften benötigt, um sie zu verstehen. In diesem Zusammenhang wurde kurz auf die Authentizität als etwas Objektives eingegangen. Nach Barthes ist es unmöglich einen Apfel nur als Apfel zu sehen, der kulturelle Kontext als Konnotation ist immer von Bedeutung.

Anschließend wurde das Konzept der Acousmêtrie erläutert: Dabei muss der akustische Raum anders gedacht werden als der filmische. Es tritt ein Sprecher auf, der jedoch nicht im Bild zu sehen ist und nur auf einer “Zwischenebene” existiert. In “La Jetée” hat dieser Sprecher bestimmte Eigenschaften, es findet sich zum Beispiel keine Form von Räumlichkeit (Hall) und die Erzählposition ist auktorial. Die Person im Film ist in einer Zeitschleife gefangen, der Acousmêtre ist über diese Zeitschleife erhaben. Herr Wetzel sprach an dieser Stelle von einer paradoxen Zeiterfahrung: Die Zeit entzieht sich unentwegt, sie kann nicht still stellen. Nach Heidegger kann die Zeit nur an einem Punkt stehen, am Zeitpunkt des eigenen Todes. Dies ist die Möglichkeit der eigenen Unmöglichkeit. Der unmögliche Satz „Ich bin tot.“ (etwa bei Edgar Allan Poe in “Der Fall Valdemar“) ist nur durch Mesmerismus möglich – der Körper ist tot, aber der Geist wird festgehalten, und spricht diese unmögliche Äußerung. Dieses Motiv findet sich in unzähligen Filmen wie zum Beispiel in “Sunset Boulevard” oder “American Beauty” wieder.

In “Sans Soleil” ist die Erinnerung das zentrale Thema. Auch hier spricht ein Acousmêtre, in diesem Fall treten sogar zwei Sprachinstanzen auf; die eine liest vor und die andere kommentiert das Gelesene, allerdings geschieht dies mit ein und derselben Stimme. Überwiegend ist der Bezug zwischen Text und Bild meist eng, driftet aber auch manchmal auseinander. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum wir bereit sind, zu glauben, dass Gesprochenes und Gezeigtes immer zusammengehören, und woran wir uns eher erinnern, an den Text oder das Bild. Die Tonspur verändert den Film je nach Untertitel.

Zum Ende der Stunde wurde der Unterschied zwischen Essayfilm und Dokumentarfilm behandelt. Letzterer suggeriert die Wirklichkeit objektiv zu dokumentieren. Der Essayfilm dagegen löst die Wirklichkeit in der Erzählung auf und trifft eine spezifische Aussage. Eine zweite Stimme schwingt im Film mit, diese symbolisiert, dass ein Subjekt über die Welt nachdenkt. Diese Art Film entzieht sich den Kategorien von Subjektivität und Objektivität.