Protokollant: Benjamin Stremming

Bezugnehmend auf den am 03.12.2007 im Screening gezeigten Film “The Cell” von Tarsem Singh lag der Fokus der Stunde auf einer Eingrenzung des Begriffs der postmodernen Filmästhetik und einer Einführung in die Videoclipästhetik.

Zu Beginn der Stunde wurde noch einmal auf die Diskussion der letzten Seminarsitzung eingegangen, insbesondere auf die Figur des Serienmörders und dessen Psyche bzw. die Psychoanalyse im Film. Hierzu wurde angemerkt, dass eine solche Analyse stets nur funktionieren kann, weil es sich bei den gezeigten Figuren um stereotype Versinnbildlichungen handelt. Dies wurde am Beispiel des Mörders aus dem Fritz Lang Film “M - Eine Stadt sucht einen Mörder” erläutert. Der Figur ist in diesem Fall eine abgewandelte Form des aus der freudschen Psychoanalyse bekannten Ödipuskomplex “auf den Leib” geschrieben.

Referat: Postmoderne Filmästhetik

Als zentrales Problem bei der Erfassung des Begriffs der Postmoderne stellt sich gleich zu Beginn die Frage nach dem Fokus der Untersuchung. Dabei gibt es zwei verschiedene Ansätze, die Betrachtung des Epochenbegriffs und die Betrachtung des systematischen Ansatzes, die unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Der Fokus des Referats lag dabei auf dem epochalen Ansatz, der sehr umfangreich und zum Teil widersprüchlich angelegt ist. Aufgrund des breiten Bedeutungsspektrums des Begriffs “Postmoderne“ war es zunächst nötig die Wurzeln des Begriffs zu klären.

Die “Postmoderne” tauchte im wissenschaftlichen Diskurs zum ersten Mal in der Architektur auf. Eines der ersten und wichtigsten Werke zur Postmoderne stammt von dem französische Philosoph und Literaturtheoretiker Jean-François Lyotard. In seiner 1979 veröffentlichten Studie “La condition postmoderne” (Das postmoderne Wissen) führt er seinen Begriff der Postmoderne ein.

Nach Lyotard gelingt es den “großen Erzählungen” nicht, sich selbst zu legitimieren; die Moderne sei daher gescheitert, die großen Erzählungen müssten aufgegeben und durch neue Sprachspiele im Sinne des apriorischen Verständnisses der Vernunft von Wittgenstein ersetzt werden. Zeitlich lässt sich der Beginn der Postmoderne Mitte der 60er Jahre verorten. Prägende Schriften dieser Epoche stammen dabei von den Philosophen Roland Barthes, Michel Foucault und Julia Kristeva.

Zentrales Merkmal poststrukturalistischer Werke ist eine starke Selbstreflexivität und Intertextualität. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff der “Doppelcodierung” eine wichtige Rolle. Neben der narrativen Ebene findet sich eine weitere diskursive Ebene, die im Poststrukturalismus eine Schlüsselrolle einnimmt. Zitat, Verweis und Kommentar sind prägende Stilmittel. Durch diese Arbeitsweise wird sowohl der naive als auch der reflektierende Rezipient gleichermaßen angesprochen.

Referat: Videoclipästhetik

Im zweiten Teil der Stunde wurde der Begriff der Videoclipästhetik näher erläutert und am Beispiel des Musikvideos “Losing my religion” (R.E.M.) von Tarsem Singh untersucht.
Der Videoclip als Gattung wurde dabei im Poststrukturalismus verortet. Primat der Clipästhetik ist demnach nicht nur das Begreifen inhaltlicher Zusammenhänge sondern auch das Hervorrufen emotionaler Affekte, Stimmungen und traumhafter
Assoziationen (Doppelcodierung!)

Den Abschluss der Stunde markierte die Diskussion über den Film “The Cell” (Tarsem Singh). Im Fokus stand dabei die Frage nach dem künstlerischen Wert des Films und seiner Stellung als wichtiges postmodernistisches Werk. Es wurde festgestellt, dass sich der Film selbst  intensiv dem Mittel des Zitats bzw. des Referenzbezugs bedient. Erläutert wurde dies anhand einer Szene des Films, in der als Vorbild für die Kulisse exakt die von Singh bereits im Musikvideo “Loosing my Religion“ benutzte Kulisse dient.

Weiterhin wurde die opulente Ausstattung des Films angesprochen, in der sich diverse Referenzen aus der Kunst und Mediengeschichte finden lassen (Bollywoodkino, Pferd in der Wüste = Jugendstil,  Traumsequenzen = Surrealismus, Gesichtstuch = Schweißtuch der Veronika …) Die besondere Stärke des Films liegt jedoch über diese Referenzbezüge hinaus in der Bebilderung der krankhaften Psyche des Massenmörders, die dem Rezipienten auf raffinierte Weise die Angst vor dem Unbekannten, in diesem Fall dem Wahn des Mörders, nimmt.